Monatssieger Mai 2016

Am Freitag, den 6. Mai, war die erste Möglichkeit, sich für den 24. Haidhauser Werkstattpreis zu qualifizieren. Es liegt in der Natur der Sache, dass diese Gelegenheit so viele Autoren wie möglich wahrnehmen wollten. Denn: nur wer sich so früh wie möglich in das Rennen um den Preis begibt, hat die Möglichkeit in dieser Runde nach sechs Monaten bei Misslingen des ersten Anlaufs sein Glück noch einmal zu versuchen. Uns so stellten sich also sechs AutorInnen zur Wahl:

Melani Koshmashrab goss mit ihren Gedichten „Obst und Gemüse" ein Sammelsurium aus Bildern und Metaphern über das etwas ratlose Publikum. Die Wortkompositionen waren im Detail sehr gelungen, dennoch vermissten viele den Zusammenhang im Großen Ganzen: „Farben tauschen keine Temperaturen", „die Zeit bis zum nächsten Brotkrumen ist eine Festung", „du kennst Fleisch und Knochen, doch deinesgleichen kennst du nicht". Die Kommentare: „Hermetischer Text, dann folgen die Erklärungen. Es sollte als Rätsel stehen bleiben." „Wie ein Sack gefüllt mit allem möglichen." „Zuviel Abstraktion". „Musikalisch gut komponiert."

Annette Katharina Müller las "Das irre Gelächter der Laborratte". Hier erzählt eine Laborratte über ihr elendes Leben mit ihren Artgenossen hinter Gittern. Sie hat es geschafft durch Anpassung an die grausame Situation für sich noch etwas Lebenszeit herauszuschinden und sie lässt den anderen die Illusion, dass 0L75 die erfolgreiche Flucht gelungen ist. Das Publikum war sehr angetan von der Geschichte und von der Perspektive, aus der sie erzählt wird. Es war sich aber einig, dass ein anderer Titel dafür nötig ist.

Simon Gerhol präsentierte "Schwarze Sirene". In dieser Geschichte beobachtet ein Mann von seinem Fenster aus wochenlang eine attraktive Frau, die in seiner Nachbarschaft wohnt. Sie besteigt in Reitkleidung ihren Wagen, führt den Hund aus, bekommt Besuche von einem Mann, der schließlich bei ihr einzieht. So wie der Beobachter die Frau mit ihrem schwarzen Pferdeschwanz beschreibt, ist dem Zuhörer klar, dass auch der Beobachter die Frau begehrt. Am Ende der Geschichte findet der Beobachter die Leiche des Liebhabers im Wald, neben dem roten T-Shirt der Schönen, das er an sich nimmt. Dem Publikum hat die Geschichte gut gefallen. Es lobte den lakonischen Ton und die Tatsache, dass nicht alles aufgelöst wird.

Rudolf Freiberger stellte seinen bayrischen Schwank „Der Mooser Franz und die Feuerwehrprobe" vor. In diesem launigen Text wird der Mooser Franz als Abhauer Franz tituliert, da er es nie lange in der Wirtschaft aushielt sondern immer rasch zahlte und sich mit einem „Oiso nacha bis zum nächstn moi" hinaus schlich. Die Zuhörer erfuhren, dass der Josef Katzendobler der engste Vertraute vom Abhauer Franz war, der für einen Witteber noch gut erhalten war und dass der Franz in der Kirche verlauten ließ, dass die Feuerwehr üben müsse und nicht proben. Schließlich war zu hören, dass der Abhauer Franz zu Johanni geschlagene zwei Stunden in der Wirtschaft saß und sich dann noch ein Bier bestellte, während er zu Erntedank rasch wieder abhaute. Die Zuhörer, die auch noch gelernt hatten, dass ein Truthahn ein Bigauderer ist, lobten die kurzweilige Geschichte und den Lokalkolorit.

Tania Rupel präsentierte ihre Erzählung „Der Pate". Hier sucht ein Mann einen seiner Hunde namens Humor. Dieser ist abhanden gekommen. Alle seine Hunde sind Mischlinge. Um „Glück" macht er sich keine Sorgen. „Schönheit" und „Ruhm" wollen immer mehr. „Dummheit" ist uralt, „Langeweile" hat keine Lust. Ein Mann möchte einen Film von ihm und den Hunden drehen für einen BLOG. Doch Humor ist ja abhanden gekommen. Schließlich betritt ein Mann die Szene und sagt: „Mein Hund ist eine furchtbare Bestie. Er hat deinen Hund zerfleischt. Willst du seinen Namen wissen? - Er heißt „Mensch". Die Zuhörer waren sehr beeindruckt: „Das geht tief." „Phantastische Idee!" „Aber passt Mensch?" „Ja. Denn umso betroffener macht es."

Schließlich betrat Hartwig Nissen mit „Klare Konturen" die Lesebühne. In dieser Erzählung trifft ein Mann in der Sauna auf Elena. Eine Frau mit einer Figur „als wären die Konturen vergessen worden." Dennoch wird geschmust. „Ich habe einen Freund" sagt sie zum Abschied. Eine Einladung zu ihr nach Hause erfolgt bald telefonisch. Auch der Freund sei dabei. Bei der Einladung gibt es Bier und Chips und der Freund taucht nur kurz auf. Wenig später besucht Elena den Protagonisten in seiner Werkstatt. Dann „nahm sie ihn" und küsste ihm zum Abschied die Hände. Er denkt „nun habe ich eine Geliebte" aber danach ist sie unauffindbar. Ein Jahr später sieht er die beiden mit einem Kinderwagen. Sie fliehen bei seinem Anblick. Zurück in seiner Werkstatt zeichnet der Getäuschte mit einer feinen Feder einen Mann mit einem leeren Kinderwagen. Das Publikum lobte die dichte Sprache und die sehr gut erzählte Geschichte, die den Zuhörer bis zum Ende in den Bann zieht.

 Das Publikum hatte es dann nicht leicht bei der Wahl der ersten drei Plätze. Hatte es doch mehrere sehr gute Geschichten gehört. Die Stimmauszählung brachte Hartwig Nissen auf den ersten Platz.