Monatssieger Juni 2016


Am Freitag, den 3.6.2016 fand die zweite Vorentscheidung in der 24. Runde des Haidhauser Werkstattpreises statt. Es fanden sich eine ganze Reihe von Autoren und Autorinnen ein, die am Wettbewerb teilnehmen wollten, von denen sechs vor dem zahlreich erschienenen Publikum vortragen konnten.

Den Anfang machte Kristian Kühn mit dem Text „Gegenerinnerung“ in dem der Protagonist Besuch von einem befreundeten Lyriker erhält, der sich ausgiebig über Esoterik namentlich über Opfer beziehungsweise Opferrituale und entsprechende Textstellen in den Veden auslässt, wobei aus dem Publikum kritisiert wurde, dass dieser Text in großem Umfang aus Dialogen bestand und teilweise unzusammenhängend erschien.

Sodann trug Paul Holzreiter eine amüsante Kurzgeschichte unter dem Titel „Willi das Chamäleon“ vor. Der Freund, mit dem der Erzähler am Biertisch zusammensitzt, zeigt auf einmal Eigenschaften eines Chamäleons, seine Zunge kann plötzlich vorschnellen, er kann eine ganze Brezel unzerkaut herunterschlucken und schließlich sogar eine grüne Farbe annehmen.

Markus Hallinger kündigte drei kurze Stücke als Vortrag an, woraus aber aufgrund der Beschränkung der Lesezeit auf 10 Minuten nur zwei wurden: Einmal die Erzählung „Die echten Typen“ über Bauernburschen, die in einem oberbayerischen Wirtshaus vergangener Tage ihre Zeit mit Bier trinken und Kartenspiel vertreiben und die auch die Bedienung im heruntergekommenen Lokal nicht aus ihrer Lethargie reißen kann und zum anderen der Text „Weniges vom Franz" - eine gleichfalls in vergangenen Jahrzehnten angesiedelte Schulgeschichte über einen Bauernjungen, Außenseiter in seiner Schulklasse, der katholischen Kirche zugewandter Ministranten mit dem Wunsch, Priester zu werden, der die lateinischen Meßtexte auswendig kennt, wobei die Feier seiner Firmung Schluss- und Höhepunkt der Erzählung bildet. Beide Texte überzeugten das Publikum durch eine präzise wie auch emotional bewegende Sprache, die Figuren und Szenerie aus dem ländlichen Oberbayern für den Zuhörer plastisch werden ließen.

Die wilde Natur Islands bildete dagegen den Hintergrund der im 18. Jahrhundert angesiedelten Geschichte „Pferdeknochen" von Angela Gutschmidt in deren Mittelpunkt ein flüchtiger Dieb steht, mit seinem Überleben in der rauen Natur kämpfend, in der er sich aus Knochen und dem Fell eines Pferdekadavers eine Behausung errichtet und anfängt, die Stimmen der Trolle zu hören.

Horst Oberbeil folgte mit Lyrik, nämlich mit sechs Gedichten (Engel unerkannt, An der Via Appia, Grand Hotel, Alles für die Freiheit, Lebensfreude, Verdun nur noch Erinnerung), allesamt Gedichte mit einem religiösen Bezug, die teils vom Publikum als zu plakativ kritisiert wurden.

Einen Kontrapunkt hierzu setzte Matthias Galler mit „Die Arche Noah“, einer Persiflage der biblischen Erzählung, in der die Werftarbeiter, die die Arche bauen sollen, wegen des Weltenendes streiken, deshalb erst Schimpansen, dann Noahs Söhne und schließlich die Erzengel an der Arche arbeiten müssen, in der Fabeltiere wie der Basilisk entweder zurückgelassen oder wie der Wolpertinger von Noahs Weib getötet werden, der Esel kielgeholt wird, weil er ein Maultier auf der Arche gezeugt hat und der Kuckuck als blinder Passagier und Botenvogel eine große Rolle spielt. Das Publikum würdigte den Text als eine unterhaltsame Folie auch für Gesellschaftskritik.

Das Publikum wählte Markus Hallinger zum Tagessieger und Kandidaten für die Endausscheidung zum Haidhauser Werkstattpreis.

Markus Hallinger geb. 1961 in Tegernsee, Studium der Germanistik und Geschichte, Schreinermeister. Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften und Anthologien. Einzelveröffentlichungen. Zuletzt: Gesummsel (Langgedicht), Peter Engstler Verlag, 2015. Gewinner des Lyrikpreises München 2014. Lebt in Oberbayern.